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Weekly view - Inflation: steiler anstieg, stockender rückgang
Die jüngsten Zahlen unterstreichen die Widerstandskraft der Volkswirtschaften und die Notwendigkeit für die Zentralbanken, ihre geldpolitische Straffung fortzusetzen. In den USA hat die Disinflation nachgelassen, und der Arbeitsmarkt ist weiterhin äusserst angespannt. Die ISM-Umfrage unter Firmen des verarbeitenden Gewerbes, des bisher schwächsten Bereichs der Wirtschaft, fiel im Februar mit einem Wiederanstieg der Auftragseingänge etwas besser aus. Der Diffusionsindex für die bezahlten Preise (Prices paid subcategory) stieg erstmals seit sechs Monaten über den Wert von 50, was bedeutet, dass US-Unternehmen mehr für Vorprodukte bezahlen. Darüber hinaus wurde der Anstieg der Lohnstückkosten für das 4. Quartal massiv nach oben korrigiert. Hinweise von Fed-Vertretern, dass die Zinsen über längere Zeit hoch bleiben werden, könnten Hochzinsunternehmensanleihen zunehmend unter Druck setzen, denn der Anteil von Papieren mit niedrigem B-Rating in den Anleihe-Indizes ist der höchste seit zehn Jahren. Wir schätzen High Yield weiterhin negativ ein. Auf Seiten der Unternehmen nimmt der Druck auf die Margen und die Rentabilität offensichtlich zu. Wichtige Ereignisse, die es diese Woche in den USA zu beobachten gilt, sind die Anhörung des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell vor dem Senat und die Veröffentlichung der Beschäftigungszahlen ausserhalb der Landwirtschaft für Februar.
Die Lohnkosten sind auch für die Europäische Zentralbank (EZB) Anlass zur Sorge. Laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel ist das voraussichtliche Lohnwachstum im Vergleich zum Inflationsziel der EZB von 2% zu hoch. Nachdem die Daten von Februar zeigen, dass die Kerninflation von 5,3% auf 5,6% gestiegen ist, liess EZB-Präsidentin Christine Lagarde verlauten, dass eine Anhebung des EZB-Einlagensatzes um 50 Bp in diesem Monat „sehr wahrscheinlich“ sei. Auch wir rechnen damit, dass die EZB diesen Monat und erneut im Mai eine Anhebung um 50 Bp vornimmt, wobei ein weiterer Schritt um 25 Bp im Juni folgen dürfte. Der ehemalige EZB-Direktor Otmar Issing befürchtet, dass Lohnzuwächse einen neuen Inflationsschock hervorrufen könnten und dass die EZB zu spät auf die zugrunde liegende Teuerung reagiert habe. Die Unterzeichnung einer Einigung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über das Nordirland-Protokoll ist ein erster positiver Schritt in den Post-Brexit-Entwicklungen. Sie folgt auf die Veröffentlichung von Zahlen, wonach Immobilientransaktionen im Vereinigten Königreich stark zurückgegangen sind, obwohl die Preise im Februar ihren stärksten Jahresrückgang seit zehn Jahren aufwiesen. Die Schweizer Wirtschaft entwickelte sich im 4. Quartal seitwärts, legte aber um 2,1% gegenüber 2022 insgesamt zu. Dies zeugt von der Widerstandskraft des Landes in einem schwierigen Umfeld. Italiens BIP wuchs im letzten Jahr um robuste 3,8%, während Schweden eine Rezession droht, nachdem sein BIP im 4. Quartal unerwartet stark zurückgegangen war. Eines unserer Anlagethemen für dieses Jahr ist die Favorisierung von Ländern, in denen Hypotheken mit festem Zinssatz stärker verbreitet sind. In Schweden hingegen dominieren variabel verzinste Hypotheken, wodurch schwedische Staatsanleihen und die schwedische Währung angesichts hoher und steigender Zinsen unter Druck geraten.
Im Februar lagen die Einkaufsmanagerindizes in China deutlich über den Erwartungen. Trotzdem bleiben wir in Bezug auf die chinesische Wirtschaft auch auf längere Sicht vorsichtig. Grund ist, dass viele Chinesen ihr Geld in Immobilien investiert haben, die Immobilienpreise aber nach wie vor mit viel Unsicherheit behaftet sind. Der Nationale Volkskongress gab am Wochenende bekannt, die Verteidigungsausgaben um 7,2% in diesem Jahr zu erhöhen, was auf eine Verschiebung der Prioritäten hinweist und die politischen Spannungen mit den USA anfachen könnte.