Pictet Group
Weekly view - Vorerst keine Landung
Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass das Inflationsziel von 2% für die Zentralbanken nach wie vor in weiter Ferne liegt, denn starke Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte sprechen für weiter steigende Preise. Im Euroraum zeigten die Blitzumfragen unter Einkaufsmanagern für Februar vor allem bei Dienstleistungen anhaltend hohe Preise, und das Konsumklima erreichte den höchsten Stand seit einem Jahr. Dank gesunkener Energiepreise und der Wiedereröffnung Chinas verbessert sich im Euroraum die Stimmung bei Unternehmen wie auch bei Konsumenten. Bessere Daten seit Jahresbeginn dürften die Europäische Zentralbank (EZB) veranlassen, ihren Einlagensatz bei der Ratssitzung im März um weitere 50 Bp zu erhöhen. In den USA wies das Protokoll der Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses von Anfang Februar ebenfalls auf anhaltenden Preisdruck im Dienstleistungssektor hin, wobei die Worte „Inflation“ und „Rezession“ 96 bzw. 6 Mal erwähnt wurden. Zum hawkischen Ton des Protokolls passten die (weit über den Erwartungen liegende) Kerninflation der privaten Konsumausgaben (PCE) von 4,7% auf Jahresbasis und der Anstieg der Konsumausgaben im Januar um 1,8% gegenüber dem Vormonat. Nun fragen sich die Märkte, ob die Fed die Zinsen am 1. Februar nicht besser um 50 Bp statt um 25 Bp angehoben hätte. Wir werden diese Woche besonders auf den PMI des Institute for Supply Management und die Zahlen des Conference Board zum Konsumklima in den USA und auf die chinesischen PMIs achten.
Die Widerstandsfähigkeit und der Preisdruck im Dienstleistungssektor haben dazu geführt, dass die Prognosen für das Endniveau der Zentralbankzinsen letzte Woche nach oben korrigiert wurden. Dies hat die Aktienbewertungen belastet. Allerdings gaben europäische Aktien weniger stark nach als ihre US-Pendants, vermutlich weil sie ohnehin niedriger bewertet waren. Der Nasdaq Composite mit seinen besonders ambitionierten Bewertungen verlor letzte Woche 3,3% (in USD). Wenn diese Woche die grossen US-Einzelhändler Ergebnisse vorlegen, wird dabei die Lagerbewirtschaftung ein wichtiger Schwerpunkt sein. Wir haben Aktien untergewichtet und halten Put-Optionen auf den Nasdaq. Bei höheren Zinsen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass hin und wieder etwas schiefgeht. In den USA nehmen die Kreditkartenforderungen und Zahlungsrückstände zu. In Südafrika benötigte der Stromversorger Eskom einen staatlichen Schuldenerlass.
Die geopolitischen Spannungen und die Entkopplung zwischen dem Westen und China haben letzte Woche noch einmal zugenommen. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, mit ihren Waffenlieferungen an die Ukraine sei die NATO am Russland-Ukraine-Konflikt effektiv „beteiligt“, und der Westen plane, Russland zu zerschlagen. Die CIA gab an, China erwäge Waffenlieferungen an Russland, was „sehr riskant und unklug“ sei. Chinesische Staatsunternehmen werden nicht mehr mit den Big Four (den vier grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) zusammenarbeiten, und die Europäische Kommission verbannt TikTok von Diensthandys. Die USA haben ihre Truppenstärke in Taiwan von 30 auf 200 erhöht. Russland hat das Atomabkommen „New START“ ausgesetzt und Joe Biden war zu Besuch in der Ukraine. Wir betrachten ungünstige geopolitische Entwicklungen als wichtigen Risikofaktor für 2023.