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Das Zeitalter der unternehmerisch denkenden Philanthropen
Im Kern ist Philanthropie weit mehr als das simple Spenden von Geld. Es geht um den Wunsch, zu einer besseren, gerechteren, inklusiveren und nachhaltigeren Welt beizutragen. Philanthropie versucht, die Risse, Sprünge und Imperfektionen in unserem globalen System sichtbar zu machen und innovative Lösungen zu finden, um Abhilfe zu schaffen. Unternehmer sind dank ihrer meist stark ausgeprägten Problemlösungskompetenz besonders geneigt, sich auf diesem Gebiet hervorzutun. Ihr Scharfsinn und Ideenreichtum, aber natürlich auch ihr Vermögen bieten beste Voraussetzungen, um die gewünschten Veränderungen voranzutreiben.
Unternehmer sind nicht nur ausgezeichnete Philanthropen, in vielen Fällen entwickeln sie sogar eine besondere Passion für die Philanthropie. Nachdem sie den Aufbau und den Verkauf ihres Unternehmens erfolgreich gemeistert haben, sind sie häufig auf der Suche nach neuen Wegen, um sich aktiv und engagiert einzubringen. Über ihr philanthropisches Engagement können sie ihre Leidenschaft und ihr Engagement sinnvoll umsetzen und ein Vermächtnis schaffen, das über ihren unternehmerischen Erfolg hinausgeht.
Unternehmer wissen ausserdem ganz genau, dass der Verkauf ihres Unternehmens ihr liquides Vermögen unter Umständen signifikant erhöht, was für sie, ihre Familien und ihre Kinder nicht immer gut sein muss. Insbesondere mit Blick auf die Kinder kann philanthropisches Engagement massgeblich dazu beitragen, dem neu gewonnenen Vermögen einen Sinn zu geben. So bleibt der Bezug zur Realität erhalten, und es werden Werte vermittelt, die mit Eigenverantwortung und nicht mit Anspruchsdenken zu tun haben. Für Kinder, die in ihrer Wahrnehmung häufig viel sensibler sind, als wir es ihnen zugestehen, kann es positiv sein zu sehen, dass sich ihre Eltern für eine bessere Welt einsetzen.
Doch wie finden Unternehmerinnen und Unternehmer ohne oder mit nur wenig Erfahrung auf diesem Gebiet den Einstieg in die Philanthropie? Dieser Leitfaden soll aufzeigen, wie unternehmerisches Denken und Handeln dabei helfen kann, zu einem erfolgreichen Philanthropen zu werden und bedeutsame Veränderungen in der Welt herbeizuführen.
1. Chancen erkennen
Am Anfang einer Unternehmensgründung steht immer eine Idee, und am Anfang jedes philanthropischen Engagements steht ein besonderes Anliegen. Welche Themen liegen Ihnen am Herzen? Bildung, Armutsbekämpfung, Klimawandel, Gesundheit, Biodiversitätserhalt oder etwas anderes? Entscheiden Sie sich für ein Anliegen, das Sie anspricht. So bleiben Sie während Ihrer philanthropischen Reise engagiert und motiviert.
2. Schwerpunkte setzen
Widmen Sie sich aufmerksam und fokussiert einer Fragestellung oder einem Thema und tun Sie alles, um eine Lösung zu finden, genau wie Sie es in Ihrem Unternehmen getan haben. Gehen Sie nicht nach dem Motto vor „Viel hilft viel“, sonst verzetteln Sie sich und die Erfolgswahrscheinlichkeit sinkt.
3. Umfassend informieren
Wenn Sie ein Anliegen im Auge haben, nehmen Sie sich die Zeit, alles darüber zu erfahren.Versuchen Sie, das Problem und dessen Ursachen zu verstehen, und informieren Sie sich über bereits existierende Lösungsansätze. So können Sie herausfinden,wo Sie mit Ihrem Engagement am meisten bewirken können.
4. Fähigkeiten und Netzwerk nutzen
Als Unternehmerin bzw. Unternehmer verfügen Sie über herausragende Fähigkeiten und ein zuverlässiges Netzwerk. Nutzen Sie dies! Vielleicht können Sie mit Ihrem Geschäftssinn eine gemeinnützige Organisation unterstützen oder mit Ihren Beziehungen dazu beitragen, für ein Thema zu sensibilisieren oder Spendengelder einzusammeln. Ihre unternehmerischen Kompetenzen sind auf dem Gebiet der Philanthropie von unschätzbarem Wert.
5. Wirkung messen
Messen Sie die Wirkung Ihres philanthropischen Engagements, so wie Sie es in einem Unternehmen tun würden. So können Sie besser beurteilen, ob Ihre Bemühungen wirksam sind und wo es Raum für Verbesserungen gibt. Verwenden Sie Messgrössen und Indikatoren, die für das von Ihnen unterstützte Anliegen relevant und aussagekräftig sind.
6. Geduld zeigen
Veränderungen brauchen Zeit. Erwarten Sie keine sofortigen Ergebnisse. Veränderungen durch philanthropisches Engagement verlangen ebenso viel Zeit und Ausdauer wie der Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens.
7. Familienmitglieder einbinden
Family Philanthropy, also das gemeinsame philanthropische Engagement in der Familie, kommt nicht nur der Sache, sondern auch der Familie zugute. Egal, ob man sich als Familie für ein gemeinsames Anliegen einsetzt, oder ob einzelne Familienmitglieder sich eigenen Vorhaben widmen – gemeinsam Gutes zu tun, ist extrem wertvoll.
8. Zusammenarbeit fördern
Philanthropie funktioniert nicht im Alleingang. Suchen Sie die Zusammenarbeit mit bestehenden Organisationen, anderen Philanthropen oder Netzwerken, die dasselbe Anliegen verfolgen. So stellen Sie sicher, dass Sie das Rad nicht neu erfinden und Ihre Bemühungen mehr Wirkung zeigen. Und wenn Sie mit Organisationen und Fachleuten zusammenarbeiten, tun Sie dies auf Augenhöhe, d. h. als Partner, nicht als Wohltäter, und verfolgen Sie einen auf fundiertem Wissen und Vertrauen basierenden Ansatz.
9. Lernbereitschaft zeigen
Die Welt der Philanthropie ist komplex und entwickelt sich stetig weiter. Ihr Erfolg als Unternehmerin oder Unternehmer garantiert noch lange nicht, dass Sie auch in der Philanthropie reüssieren. Wenden Sie sich deshalb an Fachleute aus den Bereichen Philanthropie und Impact Investing und seien Sie aufgeschlossen gegenüber Neuem. Hören Sie zu und passen Sie Ihre Strategie und Ihren Stil mit wachsender Erfahrung und zunehmendem Wissen an.
10. Systematisch denken
Traditionelle Philanthropie ist häufig darauf ausgerichtet, Symptome zu lindern, anstatt sich mit den Ursachen der Krankheit auseinanderzusetzen. Konzentrieren Sie sich auf systemische Interventionen, die Ungerechtigkeiten auf den Grund gehen, setzen Sie sich für politische Veränderungen ein und fördern Sie Initiativen, die darauf abzielen, die Ursachen gesellschaftlicher und ökologischer Probleme zu beseitigen.
Unternehmerische Philanthropie geht über reine Ideologie hinaus. Vielmehr liegt dem Konzept die Idee zugrunde, unternehmerische Tatkraft und Anpassungsfähigkeit mit gemeinnützigem Engagement zu verbinden. Investoren erwarten von einem Unternehmen, dass es tragfähig ist. Dieser Anspruch sollte auch in der Philanthropie gelten. Die Fähigkeiten, die einen erfolgreichen Unternehmer auszeichnen, sind gleichermassen hilfreich für wirkungsvolle philanthropische Bemühungen. Die Arbeit eines unternehmerischen Philanthropen geht über traditionelle Wohltätigkeitsarbeit und finanzielle Unterstützung hinaus. Mit nachhaltigen Lösungen sollen Probleme dauerhaft gelöst werden, anstatt nur temporär Abhilfe zu schaffen. Ohne unternehmerischen Ansatz besteht die Gefahr, dass die Wirkung finanzieller Hilfe schnell wieder verfliegt.