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Robert Buchbauer - Lektionen und Erkenntnisse aus einer bewegten Karriere
Wenige Menschen blicken auf eine so abwechslungsreiche Karriere in der Wirtschaft zurück wie Robert Buchbauer. Nach seinem Magisterabschluss in Österreich arbeitete er zunächst für ein Lebensmittelunternehmen, wo er, wie er sagt, die wertvolle Erfahrung machte, „Aussenstehender in einem Familienunternehmen“ zu sein. Im Anschluss an einen Studienaufenthalt an der University of California in Berkeley wechselte er die Fronten: Als einer der Ur-Urenkel des Gründers DanielSwarovski trat er in das Firmenimperium seiner eigenen Familie ein, das mit dem Design und der Herstellung von Schmuck und Objekten aus Kristall Weltruhm erlangt hat.
Eine seiner ersten Aufgaben bei Swarovski bestand 1999 darin, den ersten Onlineshop der Marke aufzubauen. „Damit waren wir ganz vorne dabei“, meint er. „So etwas war damals einfach noch nicht üblich, zumindest nicht in dieser Branche.“ Wie klug dieser Vorstoss war und wie gut er umgesetzt wurde, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass der Internethandel heute etwa 20 Prozent zum Gesamtgeschäft von Swarovski beiträgt. Wenig später übernahm Buchbauer die Leitung der Konsumgüterabteilung, die das Herzstück des Konzerns bildet. Er verlagerte den Schwerpunkt des auf Grosshandel ausgerichteten Konzepts hin zum Einzelhandelund erreichte so, dass das Geschäftsvolumen auf mehr als das Vierfache anstieg.
Im Jahr 2020 wurde Buchbauer an die Konzernspitze berufen. Er führte Swarovski durch die ersten turbulenten Monate der Pandemie (in der 90 Prozent der rund 3000Stores weltweit geschlossen werden mussten). Ein Jahr später trat er zurück und übergab das Zepter 2022 an Alexis Nasard, den ersten familienfremden Vorstandschef der Marke. Unter Buchbauers Ägide vollzog sich also der Übergang von einem familiengeführten Unternehmen zu einem Unternehmen inFamilienbesitz.
Heute ist er als Stellvertretender Präsidentdes Verwaltungsrats nach wie vor eng mitSwarovski verbunden. Doch für den PictetReport stand er als Privatmann und nicht alsVertreter von Swarovski Rede und Antwort. Neben seiner Position im Verwaltungsratist Buchbauer auch Investor. Seine wahreLeidenschaft gilt allerdings der Luftfahrt. Sohat er ein eigenes Unternehmen aufgebaut,das Besitzer von Geschäftsflugzeugen bei derVerringerung des Verwaltungsaufwands unterstützt.Von Vorteil ist dabei, dass hier nicht nurseine profunde Kenntnis der Luxuskundengefragt ist, sondern auch sein unternehmerischesGeschick, mit dem er Swarovski durcheine der schwierigsten Phasen führte.
Seine Karriere ist facettenreich: Buchbauer hat sowohl im eigenen Familienkonzern als auch für andere Familienunternehmen gearbeitet, er ist selbst als Unternehmer tätig und begleitet andere Firmengründer als Investor. Zudem bringt er Branchenerfahrung im Lebensmittelsektor, in der Schmuck- und Modeindustrie und in der Luftfahrt mit. Und genau dieser Facettenreichtum seiner beruflichen Laufbahn gefällt ihm. „Dieses breite Spektrum liegt mir einfach, das war schon immer so“, sagt er. „Mag sein, dass sich Effizienz meist dadurch erreichen lässt, dass man sich auf ein bestimmtes Feld fokussiert. Doch ein breiterer Fokus schafft mehr Raum für neue Ideen, Inspiration und Kreativität.
“Eines ist jedoch sicher: Seinem Werdegang verdankt Buchbauer eine ganz besondere Sicht auf die verschiedenen Aspekte von Unternehmertum. Mit den Freuden undHerausforderungen des Gründerdaseins ist er als Unternehmer bestens vertraut. „Von null zu beginnen, kann durchaus Vorteile haben“, meint er. „Natürlich geniesse ich es, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein.“ Doch zugleich sind viele Unternehmer aufgrund der fehlenden internen Infrastruktur dazu gezwungen,ihre Zeit frustrierenden Verwaltungsaufgaben zu widmen, erklärt Buchbauer weiter. „Gründer müssen sicherstellen, dass alles erledigt wird, ohne Überkapazitäten aufzubauen, denn gerade am Anfang sollten die Dienstleistung, das Produkt, der Markt und die Kunden im Fokus stehen“, so Buchbauer. „Alles andere ist Ballast.
“Als Investor kommt ihm zugute, dass er mit vielen Unternehmern gesprochen und unzählige Start-ups analysiert hat. Dank seiner weitreichenden Erfahrung versteht Buchbauer gut, welche einfachen Wahrheiten für junge Unternehmen gelten. „Unternehmer müssen bescheiden sein. Denn sehen wir es realistisch: Mehr als 90 Prozent der unternehmerischen Vorhaben scheitern. Eine gute Idee allein ist einfach nicht genug“, gibt er zu bedenken.
Um ein florierendes Unternehmen aufzubauen, braucht es viel harte Arbeit, ganz zu schweigen vom Durchhaltevermögen. „Es werden immer dieselben Geschichten zitiert, doch die Realität bilden sie nicht ab“, meint Buchbauer. „Die meisten erfolgreichen Unternehmen werden mit harter Arbeit aufgebaut, manchmal geht es erst zwei Schritte vorwärts und dann wieder drei zurück. Ein Unternehmer muss einen langen Atem haben.“ Das gilt in den Augen Buchbauers auch für Anleger, denn mitunter lässt derErfolg etwas auf sich warten. So reicht der reine Glaube an die Sache oft nicht aus; Investoren müssen auch bereit sein, innezuhalten und Durchhaltevermögen zu zeigen.
Zugleich sollten Unternehmer auch wissen, wann sie die Reissleine ziehen müssen, so Buchbauer. „Manchmal ist Schadensbegrenzung die beste Option“, gibt er zu bedenken. „Wenn sich ein Projekt nicht plangemäss entwickelt, sollten Unternehmer ehrlich zu sich selbst sein und regelmässigüberprüfen, ob sie noch daran glauben, dass sie ihr Ziel erreichen können – oder ob es vielleichtklüger wäre, sich eine Auszeit zu nehmen, sich etwas gänzlich anderem zuzuwenden oder ihr Vorhaben zu überdenken und ganz neu anzusetzen.“ Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das Projekt zu einem „nicht enden wollenden Martyrium“ entwickelt.
Besonders wertvoll ist Buchbauers Perspektive als Entscheidungsträger in einem grossen Familienunternehmen. Er hat selbst miterlebt, wie in Familien trotz der besten Absichten Fehler passieren – und er weiss, wie sich das vermeiden lässt. Aus seiner Sicht müssen Unternehmer bzw. Unternehmerfamilien hohen Wert auf gute Governance legen. „Je mehr Eigentümer, desto schwieriger ist es, das Unternehmen auf Vertrauensbasis zu führen, gemeinsame Werte zu verfolgen und an einem Strang zu ziehen“, so Buchbauer. Im Allgemeinen achtet hierauf niemand, solange das Unternehmen gesund ist, Dividenden ausgezahlt werden und das Geschäft floriert. „Doch in schwierigeren Zeiten und in Krisensituationen wird mitunter sichtbar, dass die Menschen mitnichten dieselben Zieleverfolgen oder Werte teilen. Genau dann ist Governance unerlässlich“, erklärt Buchbauer.
Doch auf diese Regeln müssen sich zu nächst alle einigen, was unter Stress zu einer fast unlösbaren Aufgabe werden kann. Daher Buchbauers Rat: Man sollte das Dach reparieren, solange die Sonne scheint. „Es gilt, frühzeitig zu handeln, um nicht unter Druck zu geraten, wenn die Bedingungen ungünstiger werden.“
Er empfiehlt, sich auf drei Schwerpunkte zu konzentrieren. Als erstes Element nennter klare Regeln zur Entscheidungsfindung in der Familie, damit der Prozess effizientabläuft. An zweiter Stelle stehen die Regeln bezüglich Mitarbeit im Unternehmen und Nachfolgeplanung. „Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass Familienangehörigeim Unternehmen arbeiten“, meint er, „doches muss ganz klare Regeln dafür geben, was sie für eine Stelle qualifiziert, welche Voraussetzungen sie bereits mitbringen undwelche Aus- und Weiterbildungen sie in der Folge absolvieren müssen.“ Er legt nahe, dass Familienmitglieder ein paar Jahre auf sich selbst gestellt ausserhalb des eigenen Unternehmens arbeiten. „Letzten Endes werden sie dadurch zu besseren Führungskräften“, so Buchbauer. Seiner Ansicht nach sollten sich Familienmitglieder bei der Bewerbungum eine Position im Unternehmen der Konkurrenz externer Kandidaten stellen müssen. „Der Job sollte immer an den- oder diejenige gehen, der oder die am besten qualifiziertist“, meint er. „Das ist gesund.“
Als dritten und letzten Punkt nennt erdas Dampfkochtopf-Phänomen, wie er es beschreibt. „Wenn sich unter den Eigentümern Druck aufbaut, braucht es ein Ventil, um ihn wieder abzulassen“, sagt er. „Stichwort:Ausstieg.“ Ab einer gewissen Grösse sollte es in jedem Betrieb eine einvernehmliche Regelung für den Ausstieg aus dem Unternehmen geben, damit sich keiner unfair behandelt fühlt. Gelingt es, gleich zu Beginn klare Governance-Regeln in diesen drei Punkten zu definieren, ist das Unternehmen Buchbauers Meinung nach deutlich besser für kommende Herausforderungen gerüstet.
Bei Investitionen in neue Unternehmen achtet Buchbauer insbesondere auf eines: ein klares Konzept. „Wenn Unternehmer bei ihrem Pitch eine gefühlte Ewigkeit brauchen, um die Vorzüge der Dienstleistung bzw. des Produkts zu erläutern, investiere ich nicht“, meint er. „Gute Ideen lassen sich in wenigen Sätzen darlegen.“ Und so ist es keine Überraschung, dass Buchbauer das Unternehmerdasein – trotz seiner langen und abwechslungsreichen Karriere – als eine im Kern wunderbar einfache Sache ansieht. „Du brauchst eine Idee, einen Traum, ein Ziel“, erklärt er. „Daran musst du festhalten und es dir immer wieder vor Augen führen. Und dann musst du hart daran arbeiten, ans Ziel zu kommen.“