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Neue Ansätze für die Begrenzung des Klimawandels
Egal ob extreme Temperaturen oder steigender Meeresspiegel, die Auswirkungen des Klimawandels treten immer deutlicher zutage – und auch die Notwendigkeit, sofort zu handeln.
„Ich beginne mit einer gewagten Aussage. Was wir als Menschheit in den nächsten fünf bis zehn Jahren tun, wird die Zukunft der Menschheit für die nächsten 2000 bestimmen. Unsere Zivilisation ist akut gefährdet“, so Sir David King, Gründer und Leiter des Centre for Climate Repair an der Universität Cambridge und Leiter der Climate Crisis Advisory Group, in einem aktuellen Found In Conversation Podcast.
„Wir stehen vor einer riesigen Herausforderung. Es gibt nicht einen Teil der Erde, der nicht betroffen ist.“
Die Erwärmung des Arktischen Ozeans hat bereits zu erheblichen Veränderungen bei den globalen Windsystemen geführt – und das wiederum zu extremen Wetterereignissen. Gleichzeitig lässt das Schmelzen der Polkappen den Meeresspiegel ansteigen, was die Tier- und Pflanzenwelt und die Lebensräume des Menschen in Gefahr bringt. Und wenn das Eis schmilzt, wird auch das im Permafrost eingeschlossene Methan freigesetzt.
Auch wenn es bei dem gegenwärtigen Tempo noch viele Jahrzehnte dauern wird, bis das gesamte Eis der Erde geschmolzen ist, werden die Auswirkungen viel früher spürbar sein, erklärt Sir David King.
„Ob wir uns jetzt schon Sorgen machen sollten? Schauen wir uns eines der tiefstgelegenen Länder der Welt an, Vietnam. Wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, und davon ist auszugehen, wird [Vietnam], das heisst 90 Prozent seiner Landmasse, mindestens einmal im Jahr unter Meerwasser stehen“, so King.
Und die Auswirkungen werden weit über die Grenzen Vietnams hinaus spürbar sein: „Das Land ist der drittgrösste Reisproduzent der Welt. Wenn mehr Salzwasser zufliesst, wird die Reisproduktion ausserordentlich schwierig.“
„Wir reden nicht nur von einer riesigen Herausforderung für den Lebensraum der Menschen, sondern auch von einer Gefahr für die Erzeugung der Nahrungsmittel für die Welt.“
Reduzieren, entfernen, wiedereinfrieren
Als Lösung für dieses Problem schlägt das Centre for Climate Repair an der Universität Cambridge einen auf drei Säulen basierenden Ansatz vor: Reduzieren, Entfernen und Wiedereinfrieren.
„Eine umfassende und schnelle Emissionsreduktion, daran führt kein Weg vorbei, das müssen wir so schnell wie möglich erreichen. Aber als nächstes müssen wir überschüssige Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernen, weil dadurch diese drastischen Entwicklungen in der Region um den Polarkreis verursacht werden“, sagt King.
„Und drittens – und ich weiss, jetzt werden Sie mich belächeln – müssen wir es schaffen, die Arktis wieder einzufrieren, um uns Zeit zu erkaufen, während wir die Emissionen reduzieren und überschüssige Treibhausgase entfernen.“
Phytoplankton könnte die Rettung sein
Bei der Beseitigung vorhandener Emissionen besteht die Herausforderung darin, dies kostengünstig und im grossen Massstab umzusetzen. Hier forschen King und seine Kollegen an einer ganz neuen Lösung, die noch weitere Vorteile für die Gesundheit des Planeten hätte.
„Wir beschäftigen uns mit 72 Prozent der Erdoberfläche ... nämlich den Ozeanen.“
Meeresökosysteme sind auf Phytoplankton angewiesen – mikroskopisch kleine Meeresalgen, die den Fischen als Nahrung dienen und Kohlendioxid absorbieren. Das Problem ist, dass Phytoplankton auf schwimmenden Wal-Exkrementen wächst, das Material aber aufgrund der schrumpfenden Walpopulationen knapp ist.
„Da kam uns ein simpler Gedanke: Warum stellen wir nicht einfach künstlichen Wal-Kot her und verteilen ihn auf der Meeresoberfläche?“, erzählt King.
Das künstliche Exkrement könnte aus Nitraten, Phosphaten, Silikaten und Eisen bestehen. Verteilt wird es mithilfe von Reishülsen, einem Abfallprodukt der Reisproduktion, auf dem das Phytoplankton wachsen kann.
„Damit haben wir die Möglichkeit, mehr als zwei bis drei Milliarden [CO2] pro Jahr und vielleicht 10 Milliarden Tonnen Treibhausgase im Jahr zu entfernen. Sofern wir in der Lage wären, jedes Jahr 2–3 Prozent der globalen Meeresoberfläche damit zu bestücken“, sagt King.
„Wenn uns das gelingt, wird die Bartenwal-Population wieder zunehmen. Und dann können wir uns zurücklehnen und die Wale die Arbeit machen lassen – solange der Walfang verboten bleibt.“
Kühlwolken
Kommen wir jetzt zu der dritten Idee, dem Wiedereinfrieren der Arktis. Auch hier arbeiten Wissenschaftler an einer möglichen Lösung.
„Weisse Wolken leiten das Sonnenlicht von der Erdoberfläche weg. Wenn Sie sich unter einer weissen Wolke befinden, ist es darunter kühler als ohne die Schatten spendende Wolke. Das macht enorm viel aus“, sagt King. „Uns schwebt vor, die Region um den Polarkreis für die drei Monate des Polarsommers mit weissen Wolken zu bedecken.“
Als Inspiration dient die natürliche Wolkenbildung. Der Plan ist, Wassertropfen aus dem Meer zu erzeugen und sie über dem Meer zu versprühen, wo sie durch den Wind in Wolken verwandelt werden.
Es gibt also mögliche Lösungen, aber die Zeit wird immer knapper, so King.
„Jeder von uns ist Teil des Problems ... weil wir alle sehr kurzfristig denken“, sagt er abschliessend. „Wir reden über die mittelfristige Zukunft. Nicht irgendwann in 100 Jahren. Wir müssen jetzt handeln, für unsere Kinder und meine Enkelkinder.“
Wenn Sie mehr erfahren möchten, hören Sie sich den Found in Conversation Podcast zum Thema Klimakrise – Klimalösungen an, in dem Sir David King, Sian Sutherland, Mitbegründer von A Plastic Planet, einer globalen Kampagne zur Reduzierung der Plastikverschmutzung, und Ari Helgason, Investor in Klimatechnologie, der nach innovativen Lösungen für die Klimakrise sucht und finanziert, unsere Gäste waren.
Einblicke für Investoren
Um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen Regierungen, Unternehmen und Bürger auf der ganzen Welt weitere 105 Bio. US-Dollar ausgeben, schätzt McKinsey. Das entspricht 3,5 Bio. US-Dollar pro Jahr in den nächsten 30 Jahren.
Jeder US-Dollar, der in den Übergang zu einer grünen Wirtschaft investiert wird, rentiert mit 4 US-Dollar, so eine Analyse der Weltbank.
Laut einer Studie des Institute of International Finance könnte die Emission nachhaltiger Anleihen weltweit auf 4,5 Bio. US-Dollar pro Jahr ansteigen.