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Weekly house view | Pause oder Zinsschritt?
Diese Woche steht ganz im Zeichen der Zentralbanken, warten doch alle gespannt auf die für Mittwoch bzw. Donnerstag angekündigten geldpolitischen Beschlüsse der US-Notenbank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Die jüngsten Zahlen zur US-Verbraucherpreisinflation, die die Fed auf ihrer Sitzung am Dienstag auf den Tisch bekommen wird, werden wohl bestätigen, dass der Preisauftrieb im Mai nachgelassen hat. Die von der Bank of Canada und der Reserve Bank of Australia vergangene Woche verordneten Zinserhöhungen liefern ein weiteres Indiz dafür, dass die Zentralbanken ihre Aufgabe nach wie vor eher darin sehen, die Inflation in den Griff zu bekommen, und weniger darin, das Wachstum anzukurbeln. US-Notenbankchef Jerome Powell und einige andere Fed-Gouverneure haben unlängst durchklingen lassen, dass die Zentralbank bei ihrer nächsten Sitzung im Juni von einem Zinsschritt absehen könnte, um sich ein besseres Bild von den Auswirkungen der letzten Zinsstraffungen und der Situation im zuletzt angespannten Bankensektor machen zu können. Die Märkte sehen inzwischen eine fast 30%ige Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen um weitere 25 Basispunkte anhebt. Wir rechnen indes für die dieswöchige Sitzung mit einer Zinspause, allerdings begleitet von restriktiv formulierten Kommentaren, die den Weg für einen möglichen Zinsschritt im Juli ebnen.
Nachdem im Streit um die Schuldenobergrenze nun endlich eine Einigung erzielt wurde, plant das US-Finanzministerium,
verstärkt Treasury Bills zu emittieren, um die Ausgaben der Regierung zu decken und die Liquidität allmählich zu verbessern. Das Netto-Emissionsvolumen von T-Bills dürfte somit bis Ende 2023 die Marke von USD 1 Bio. durchbrechen. Mit Beilegung des Schuldenstreits in den USA sank der Volatilitätsindex VIX vergangene Woche auf seinen niedrigsten Stand seit drei Jahren. Gleichzeitig büssten grosse Technologietitel einen Teil ihrer Outperformance wieder ein, während zyklische Werte und Small Caps zulegen konnten. In der zweiten Jahreshälfte setzen wir vor allem auf aktiv verwaltete Strategien.
Im Euroraum ist die Konjunktur über die Wintermonate in eine technische Rezession abgeglitten, offenbaren die korrigierten BIP-Daten doch für das 4. Quartal 2022 und für das 1. Quartal 2023 einen Wachstumsrückgang um 0,1%. Zuzuschreiben war dies vor allem dem Konsum und den Staatsausgaben. Das Beschäftigungswachstum beschleunigte sich von 0,3% im 4. Quartal 2022 auf 0,6% im 1. Quartal 2023 und lag damit das zweite Quartal in Folge über dem BIP-Wachstum. Wir gehen davon aus, dass die EZB die Zinsen diese Woche um weitere 25 Bp anhebt und ankündigt, ab Juli von einer Reinvestition fällig werdender Papiere aus dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) abzusehen. In Grossbritannien waren die Immobilienpreise im Mai rückläufig. Damit wurde erstmals seit 2012 auf Jahresbasis ein negatives Wachstum verzeichnet.
Vergangene Woche bot sich in China ein ganz anderes Bild als in anderen asiatischen Volkswirtschaften. Die chinesischen Exporte brachen im Mai gegenüber dem Vorjahr überraschend stark um 7,5% ein. Besonders deutlich wurde dieser Rückgang bei den Exporten in ASEAN-Länder. Die Teuerung der Produzentenpreise verlangsamte sich in China im Mai um 4,6% gegenüber dem Vorjahr, was auf das Bestehen einiger Überkapazitäten in einzelnen Industriesektoren hindeutet. In Japan wurden hingegen die Zahlen zum BIP-Wachstum im 1. Quartal wegen höherer Investitionsausgaben auf annualisiert 2,7% nach oben korrigiert. Auch Indien konnte für das 1. Quartal ein BIP-Wachstum von 6,1% gegenüber dem Vorjahr vermelden. Zu verdanken war dies vor allem dem Anstieg bei den Investitionsausgaben und Exporten. Wir halten in Bezug auf Indien an unserer Prognose eines BIP-Wachstums von 7,2% auf Gesamtjahresbasis fest.